Ein schöner Anfang

kurz nach 18:00 vor dem Rathaus
kurz nach 18:00 vor dem Rathaus

Man sollte Jahre eigentlich wie Bücher beurteilen, also an ihrem Schluss. Doch gestern gab es einen wirklich schönen Moment, der diesem Jahr bereits jetzt einen Bonus verleiht: Mit Tausenden für Menschlichkeit!

Über PEGIDA ist ja nun schon einiges geschrieben worden, das eine oder andere mag auch lesenswert erscheinen. Doch während in Dresden der vorgeblich besorgte Bürger langsam zum Mob wird, erstarken in ganz Deutschland die Gegenbewegungen.

Erst am Samstag hatte mir eine ältere Dame erzählt, dass sie Anfang ’45 noch Ärger mit der NS-Diktatur bekommen habe, weil sie als damals 18-jährige die Fahne beleidigt hatte. Diese Montagsmärsche in Dresden, so meinte sie, würden ihr Angst machen. Sie wolle das von damals nicht noch einmal erleben müssen.
Dass man mit solchen Gedanken in Münster nicht alleine ist und man mit seinen Sorgen und Gedanken nicht alleine bleiben muss, war gestern Abend recht deutlich zu spüren. Tausende versammelten sich um 18:00 vor dem historischen Rathaus. Nach einer kurzen Ansprache von Stephan Orth, der die Gegenbewegung zu PEGIDA über Facebook koordiniert hatte und dem dafür großes Lob gebührt, ging es los. Den meisten Parteien war die Sache wichtig genug, den begonnen OB-Wahlkampf für den „guten Zweck“ zu unterbrechen und Fahnen zuhause zu lassen, was ich insgesamt sehr gut fand. Bei einer Wiederholung wird das wohl allgemein anders aussehen (müssen) – leider. So zog man vorbei an den Körben von St. Lamberti, wo vor knapp 500 Jahren die Oberhäupter des religiösen Terror-Regimes der Wiedertäufer ihr Ende fanden. Am Kiepenkerl vorbei spazierte man mit Lichtern in der Hand zur Überwasserkirche und dann zum Domplatz. Passenderweise waren die Kirchen dabei nur Wegmarken und hatten inhaltlich nichts mit der Demo zu tun. Die war überkonfessionell und (fast) überparteilich. So war die AfD auch eingeladen worden und hatte (wohl) erwartungsgemäß gar nicht erst reagiert. Diese rechte und unsoziale Partei bekam dann in den Reden der Fraktionen und politischen sowie sozialen Gruppen ihre Entgegnung präsentiert. Es wurde aber auch deutlich gemacht, dass ausgrenzende Formulierungen aller Parteien und sozialen Akteure zur Brandstiftung beitragen. Die Reden waren insgesamt passend und so konnte man mit dem Gefühl nach Hause gehen, dass Hände und Nase zwar eiskalt seien, man im Herzen aber viel Wärme empfangen und umgekehrt auch gezeigt und gegeben hatte. Das wird hoffentlich nicht nur im Umgang mit anderen Energie geben, sondern in der konkreten Politik in Münster auch Früchte tragen.

Und solange Ignoranz und Angst auf der Straße marschieren, wird man es wiederholen müssen. … schön, wenn beim nächsten Mal wieder so viele kommen würden.

 

Edit: Die Links im Text wurden wegen des Urteils des EuGhs und des netzfeindlichen Urteils des LG Hamburgs zur Urheberrechtsproblematik bei Verlinkungen entfernt.